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Neue Geistliche Gemeinschaften und Bewegungen

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2. Versuch einer Standortbestimmung

In den vergangenen Jahren ist das Interesse an sog. "Erneuerungsbewegungen" oder "Geistlichen Aufbrüchen" innerhalb der christlichen Kirchen sichtbar gewachsen. Die neuen geistlichen Gemeinschaften und Bewegungen finden auch offiziell stärkere Beachtung, weil sie zahlenmäßig gewachsen sind und allmählich "ins Gewicht fallen" (vgl. hierzu P. J. Cordes, Mitten in unserer Welt, Freiburg 1987, 13 ff).

Auf weltkirchlicher Ebene haben die neuen geistlichen Gemeinschaften und Bewegungen Bestätigung und Ermutigung erfahren durch die Bischofssynode 1987, die über die Berufung und Sendung der Laien in Kirche und Welt beraten hat. Das Nachsynodale Apostolische Schreiben "Christifideles Laici" von Papst Johannes Paul II., das am 30. Dezember 1988 veröffentlicht wurde, ist gegenwärtig zweifellos der hauptsächlichste Bezugspunkt für alle Fragen, die die Berufung und Würde des Laien, seine Gemeinschaft und Teilhabe an der Sendung der Kirche betreffen. (Vgl. hierzu "Laien heute", Informationsdienst des Päpstlichen Rates für die Laien, 18 (1996), Seite 2).

Die neuen geistlichen Bewegungen sind Gruppierungen, in denen sich mehrheitlich Laien, aber auch Kleriker und Ordensleute um ein intensives religiöses Leben in Gemeinschaft bzw. um eine Glaubenserneuerung in der Kirche bemühen. Sie sind zumeist überörtlich organisiert und weisen eine regional unterschiedliche Verbreitung auf.

Die Bezeichnung Bewegungen weist darauf hin, dass sich diese Gruppen schon in ihren Strukturen von herkömmlichen kirchlichen Gemeinschaftsformen nicht unbeträchtlich unterscheiden. Die Abgrenzung zu anderen Gruppen ist nicht immer leicht. Sie unterscheiden sich von den klassischen Orden und den neuzeitlichen Ordensbildungen, weil sie nicht auf einer so radikalen Lebensentscheidung gründen, die - wie in den Ordensgemeinschaften - mit lebenslangen Gelübden verbunden ist, und weil sie auch von daher weniger institutionelle und verfasste Elemente haben. Sie rücken in eine gewisse Nähe zu den Säkularinstituten, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der katholischen Kirche offiziell errichtet worden sind, haben aber keine so festumrissene Lebensform wie diese. Das Wort "Bewegungen" ist deshalb günstig, weil es die flexible Gemeinschaftsform gut andeutet: sie sind stärker strukturiert und mehr verpflichtend als Spontangruppen, aber nicht so bindend wie Assoziationen, Verbände oder Vereine. Es versteht sich von selbst, dass das Erscheinungsbild dieser Bewegungen außerordentlich verschieden und vielfältig ist, so dass der gemeinsame Nenner in inhaltlicher Hinsicht nicht leicht zu finden ist.

Der Blick auf den Ursprung neuer geistlicher Bewegungen macht deutlich, dass diese geistlichen Aufbrüche überwiegend im europäischen Raum entstanden sind: Communione e Liberazione 1954 in Mailand; der erste Cursillo fand 1949 auf der Insel Mallorca, Spanien, statt; die Ehegruppen Equipes Notre Dame sind 1938 in Paris entstanden; die Fokolar-Bewegung hat ihren Ursprung 1943 in Trient; die Internationale Bewegung christlicher Frauen - Gral hat ihren Ursprung in einer Laiengemeinschaft von Frauen, die 1921 in Holland gegründet wurde; Eheseminare vom Marriage Encounter wurden 1953 in Barcelona entwickelt; der neukatechumenale Weg hat seine Anfänge um 1965 in Madrid genommen; die Schönstatt-Bewegung geht zurück auf eine Weihe an die Gottesmutter, die 1914 in Vallendar, Deutschland, vollzogen wurde.

Der europäische Kontext gilt auch für die geistlichen Gemeinschaften, die auf einer Ordensspiritualität gründen: Die Franziskanische Gemeinschaft, die sich zur Nachfolge Christi im Geist des Franziskus von Assisi berufen weiß; die Gemeinschaft christlichen Lebens, die das Erbe des spanischen Ignatius von Loyola erneuern will; die Dominikanische Gemeinschaft, die im Geist des spanischen Ordensgründers Dominikus lebt und die Theresianische Karmelgemeinschaft, die das Erbe der spanischen Ordensgründer Theresa von Avila und Johannes vom Kreuz für unsere Zeit leben.

Für die neuen geistlichen Bewegungen im deutschsprachigen Raum hat die Annahme geistlicher Impulse aus anderen europäischen Ländern immer ein hohes Maß an Sensibilität und Toleranz erfordert; nicht nur was die Sprachbarrieren betrifft. Die zahlreichen Kontakte und Initiativen auf internationaler Ebene bieten Christen in Deutschland jedoch auch die Chance, ihren Glauben weltweiter und damit "katholischer" zu leben.

Im zusammenwachsenden Europa stellt der osteuropäische Raum eine besondere Herausforderung dar, neue Wege der Evangelisierung zu entdecken und zu gehen. Für diese Aufgaben dürften die neuen geistlichen Bewegungen einen unverzichtbaren Beitrag leisten.

 

 

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