In der christlichen Mystik ist ohne Zweifel das Opfer der höchste Stand, den eine Seele erreichen kann. In einem gewissen Sinn die Zusammenfassung und Krönung aller Berufungen. Der Begriff Opfer muss aber richtig verstanden werden: es handelt sich um eine Seele, die sich freiwillig opfert; auch wenn sie leiden muss, bietet sie sich nicht dem Schmerz an, sondern dem Menschen der Schmerzen, aus Liebe, um Anteil an Seiner Passion der Liebe zu haben. Sie ist sehr wohl eine geopferte Seele, jedoch im Sinn des Alten Bundes, wo das Anerbieten ein Opfer darstellte, d.h. ein heiliges Geschenk an Gott.
Die Kapuziner-Klarissin Consolata Bertone, die in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in der Nähe von Turin lebte (1903-1946), war zweifelsohne eine geopferte Seele, die den Mut hatte, auf den Schrei Jesu zu antworten: „Ich dürste nach Opfern, um die Welt zu retten. Ich dürste nach Bräuten und nicht nach Schwestern; im Moment bedarf ich eher Opfer als Bräute“, um sich als Opfergabe (Opfer, das nach der Bibel verbrannt, vollkommen gegessen wird) anzubieten „für jede Seele des Universums, damit sie Jesus alle retten kann“. Im Besonderen für die Priester und Geweihten, die sie „die Brüder und Schwestern“ nannte, die nicht nach ihrem Ruf lebten, oder die diesen verleugnet haben. Durch die kleine Theresia vom Kinde Jesu angeregt, hatte sie kühn „jene noch schwächere Seele, noch kleinere Seele“ sein wollen, von der die heilige Karmeliterin sagte, sie hätte von Gott noch größere Gnaden empfangen als sie, „wenn sie sich in vollem Vertrauen auf Seine unendliche Barmherzigkeit verlasse“. Und Consolata war so sehr diese Seele, die Worte Jesu zu verdienen: „Im Schoß der Kirche wirst du das Vertrauen sein... Mir gefällt besonders das blinde Vertrauen, kindlich, grenzenlos, unendlich, das du in Mir hast... lasse nie zu, auch nur für einen Augenblick, dass der Feind in deine Seele mit einem Gedanken des Misstrauens eindringe, nie! Glaube nur an meine immerwährende Güte, glaube stets, dass ich deine Mutter bin... Verstehe mein Herz, Consolata... sage der Welt wie sehr Ich gut und mütterlich bin... Ich bin und liebe es ausschließlich gut und barmherzig mit meinen Geschöpfen zu sein. Macht nicht einen strengen Gott aus mir, während ich nur der Gott der Liebe bin... Ich werde die Welt mit der barmherzigen Liebe retten!“
Bei der Einkleidung empfängt Pierina Bertone den Namen Consolata, um Trost für die Liebe Jesu für so viel Misstrauen zu Seiner Güte und Barmherzigkeit zu sein, wobei sie die Trösterin des Herzens Jesu und all jener sein wollte, die nicht imstande waren, die Liebe des Herrn aufzunehmen. Jesus selbst war es, der ihr den Weg des Trostes aufzeigte, aber auch jenen, um „Ihn zu lieben, wie noch niemand ihn geliebt hat und Seelen zu retten, wie noch niemand sie gerettet hat“: Der immerwährende Liebesakt „Jesus, Maria, ich liebe euch, rettet Seelen!“, den der Erlöser nicht nur ihr, sondern allen Kleinen als kleinsten Weg der Liebe und des Vertrauens angab; denn Er wünscht „auf der Welt den Triumph nicht nur der Barmherzigkeit, sondern der Liebe, besonders in den kleinsten Seelen“. „Jesus, Maria, ich liebe euch, rettet Seelen, umfasst alles“, sagte der Herr: die Liebe zu Ihm und zu den Geschöpfen, „die Seelen im Fegefeuer, wie jene der aktiven Kirche; die unschuldige Seele und die schuldige; die Sterbenden, die Ungläubigen usw... Verliere keine Zeit, denke daran, jeder Liebesakt ist eine Seele“. Dieser Liebesakt, wenn er unablässig gelebt ist, ist dazu bestimmt, die Wurzel von allem Bösen auszureißen und das Leben vom alten Menschen zu nehmen, um den neuen Menschen leben zu lassen, der allein und allumfassend Liebe für Gott ist (Jesus, Maria, ich liebe euch) und allein und allumfassend Liebe für die Menschen (rettet Seelen). Es handelt sich um einen evangelischen Weg, im wahrsten Sinn des Wortes, denn es erfordert stets in Seiner Liebe zu bleiben, in sich selbst dieselben Gefühle Christi zu haben, über die Zeit nicht mehr zu verfügen, an andere Dinge zu den-ken, als nur Jesus und Maria zu lieben und Seelen zu retten, d.h. die vollkommenen Leugnung seiner selbst, wie Jesus von den Jüngern verlangte.
Daher sagte Jesus zu Consolata, dass der immerwährende Liebesakt sie vernichtet hätte. In der Tat hat sie erfahren, „um ein steter, jungfräulicher Liebesakt zu sein, muss man verschwinden“: vor den Geschöpfen und den eigenen Augen, um mit aller Kraft, in tiefer Stille und Liebe „nur Gott, damit sich alles erfülle“ zu folgen. Die arme Kapuziner-Schwester hat in ihrer radikalen Antwort beschlossen: „Sich niemals selbst zufrieden zu stellen: bei der Nahrung, im Trinken, Ausruhen, bei der Kleidung, im Geschmack, in Vorzügen; jeder Wille, jedes Recht, alle eigene Arbeit müssen vollkommen vernichtet werden... Vernichtung der Zunge... nur das Nötige antworten, aber stets den Liebesakt bewahren“.
Diesen Liebesakt dauernd zu leben, mit dem ganzen Sein, im Trost wie in der Prüfung, verlangt Heldentum, verlangt sich selbst zu entäußern, führt aber zu einem reinen Herzen und vereint es. Es ist ein ähnlicher Weg wie jener des Herzensgebetes, das im christlichen Orient so sehr verbreitet ist. Hier aber geht es um mehr: nicht nur Vereinigung mit Jesus, sondern mit Gott durch Jesus und Maria. Es handelt sich um die Vereinigung Ihrer Herzen, die sich dem Vater als Opfer der Liebe aufopfern. Man kann Jesus und Maria nicht trennen, wie man die Liebe Gottes nicht trennen kann, so auch das Anerbieten für die Rettung der Seelen der Brüder. In der Tat waren in Consolata die Liebe zu Jesus und der Jungfrau Maria untrennbar. Und diese Liebe hat jene zu den Seelen hervor gerufen, bis sie am Lebensende diese Worte aussprach: „Oh, ich spüre, dass das göttliche Herz eines Tages, indem es mich der Welt zeigt, nur einen Satz aussprechen wird: sie hat mir vertraut! Sie hat mir geglaubt. Ja, Jesus wird große Dinge vollbringen und vorweg vereine ich mich mit der Heiligsten Jungfrau im Gesang des Magnificat. Noch ein paar Monate und Consolata wird „consolatrice“ (Trösterin). Oh, ich werde mich zu jedem Herzen beugen, das stöhnt, das leidet, das verzweifelt, das flucht, das verdammt... Wenn jemand leidet, leide ich so sehr...“
Diese göttliche Liebe zu den Seelen weckte in ihr den Wunsch fürs Paradies, um allen Gutes zu tun. Und heute, wo Consolata nunmehr im Schoß des Vaters ist, würde ihr Durst Gutes zu tun voll verwirklicht.