P. Dermod McCarthy wurde 1966 zum Priester geweiht, jetzt ist er Redakteur für Glaubensfragen beim Irischen Fernsehen. Er erhielt Auszeichnungen auf dem Gebiet für Lebensfragen im Glaubensprogramm, er war Ratgeber in der päpstlichen Ratsversammlung für soziale Kommunikation und auch Administrator der Kathedrale in Dublin. Im Juni 2006 war er mit einer großen Gruppe von etwa 300 Pilgern in Medjugorje. Am Ende seiner Pilgerreise hat er uns seine Überlegungen und seine Eindrucke mitgeteilt. (Interviewer: Lidija Paris)
P. Dermond McCathy: Das ist mein zweiter Besuch in Medjugorje. Als ich vor 19 Jahren zum ersten Mal hier war, war ich Administrator der katholischen Marienkathedrale in Dublin. Der Erzbischof von Dublin Dr. Kevin McNamara war schwer krank, am Ende seines Lebens. Da traten verschiedene Gruppen, die mit Medjugorje verbunden waren, an mich als Administrator heran mit der Bitte, in der Kathedrale Gebetsstunden organisieren zu dürfen. Ich war mir der Schwierigkeit wegen der nicht anerkannten Erscheinungen in Medjugorje bewusst. Auch der damalige Ortsbischof (von Mostar) hat keine Erlaubnis erteilt und so wollte ich weder den damaligen noch den kommenden Erzbischof von Dublin in eine unangenehme Situation mit seinem Mitbruder in Mostar bringen. Ich hatte verschiedene Berichte gehört, dass die Sonne sich drehe und dass manchmal Rosenkränze sich vergoldet hätten und besonders auch von Sehern, die täglich Erscheinungen haben… da sagte ich mir: am besten wird es sein, wenn ich selbst dorthin gehe, um zu sehen, was da los ist!
Ich kam also mit einer Gruppe nach Medjugorje. Bei meiner Ankunft war ich ziemlich skeptisch, aber bei meiner Abreise war ich sehr beeindruckt. Für mich hatte sich die Sonne zwar nicht gedreht und mein Rosenkranz ist derselbe geblieben, aber das, was ich gesehen habe, war der Eindruck einer fast umwerfenden Glaubenskraft, ein Glaube und eine Heiligkeit! So wie ich es vor ein paar Tagen meiner Gruppe in der Predigt gesagt habe. Das Laienpriestertum hat für mich eine völlig neue Perspektive bekommen, denn ich habe gesehen, wie geweihte Priester und Laien einander auf tatkräftige Weise unterstützen. Das ist ganz im Einklang mit dem, was die Gospa am Anfang gesagt hat. Es war auch interessant zu beobachten, dass hier kein besonderes Ritual entstanden ist, wie in Lourdes, wo man sich in Lourdeswasser badet, wo man einen Felsen in einer Grotte berührt und in einer Prozession mit Kerzen geht. Solche Dinge kann man zu Hause nicht machen, während man das alles, was man hier tut,auch zu Hause machen kann. Maria erneuert das, was sie zu Kana in Galiläa gesagt hat: „Was er euch sagt, das tut!“. Das hat mir sehr gefallen. Die Menschen eilten zum Gebet in die Kirche, sie haben kräftig gesungen. Draußen standen die Menschen in Reihen und warteten auf die Beichte. Zur damaligen Zeit gab es noch keine Beichtstühle – das alles hat einen tiefen Eindruck auf mich gemacht.
Damals war auch lange nicht alles so ausgebaut… Wir wohnten bei einer Familie etwa einen km außerhalb von Medjugorje… ich war mir bewusst, dass wir jemandes Haus in Anspruch nahmen. Wir wurden sehr warmherzig aufgenommen. Noch eine Sache, die mir im Zusammenhang mit den Erscheinungen hier in Medjugorje sehr gut gefallen hat, war das Zeugnis der Pfarrangehörigen über alles, was sich hier ereignete. Ich habe keine kleinbürgerliche Eifersucht bemerkt oder irgendwelche Bemerkungen gehört wie: „Warum haben die Kinder von Nachbarn Erscheinungen und die meinen nicht“? Alle Bewohner haben ein herrliches Zeugnis gegeben. Das ist wahrlich ein Einfluss, den die Gospa auf diese Pfarre ausübt.
Das war ein mächtiger Eindruck. Ich kehrte nach Dublin zurück und sagte mir: Es ist besser, wir warten mit den Medjugorje - Gebetsstunden in der Kathedrale, bis ein neuer Erzbischof ernannt ist, aber ich werde alle diese Wünsche aktiv unterstützen, wenn er ernannt ist. So war es dann auch. Und nun bin ich nach 19 Jahren wieder hergekommen…
1991 wurde ich ersucht, die Leitung für das religiöse Programm im nationalen irischen Fernsehen RTE zu übernehmen. Ich hatte langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Medien. Priester wurde ich 1966, aber schon 1965 bis 1982 arbeitete ich mit drei anderen Priestern am Dokumentarprogramm RADHARC mit – das ist ein keltisches Wort und bedeutet „(Tages)Schau“ oder „Panorama“. Wir machten dokumentarische Aufnahmen für das Fernsehen, zuerst nur in Irland, später aber für die ganze Welt. Das war eine sehr interessante Zeit, diese Dokumentaraufnahmen gläubigen Charakters. Unsere Filmaufnahmen wurden unglaublich populär im irischen Fernsehen, sie waren sehr umfangreich. Wir bedachten Themen, Initiativen, Bewegungen und auch interessante Menschen, die Einfluss auf die katholische Kirche Einfluß hatten, besonders nach dem II. Vatikanischen Konzil. Wir waren in Brasilien, in Afrika, in Japan, auf den Philippinen, in Korea, in Hongkong und in dutzend anderen Ländern. Unsere Programme halfen den Menschen, den Blick für die Realität der Weltkirche zu schärfen. Wir Iren waren immer der Meinung, dass unsere Missionare aus dem heiligen Irland ausgingen, um allen diesen Menschen Christus zu bringen, sie den Glauben zu lehren. Darin ist zwar ein Körnchen Wahrheit, aber es gibt auch noch eine andere Wahrheit: In vielen Dingen sind unsere Missionare ausgezogen und haben den lebendigen und aktiven Christus in diesen Ländern entdeckt. Viele Missionare, Priester, Ordensleute, Schwestern und Laien kehrten nach Irland zurück und haben etwas von dieser Energie, von diesem Enthusiasmus, vom Feuer des Evangeliums in unsere vergleichsweise traditionelle und müde heimische Kirche gebracht.
Der Geist hat sich nicht verändert und ich freue mich, das zu sehen. Ich begegne demselben Enthusiasmus, demselben Willkommen und derselben Wärme wie vor 19 Jahren. Sicherlich, es gibt Cafe’s, Restaurants und Souvenirläden, größere und prächtigere Häuser für Pilger, und sogar noch diese Kleinigkeit – die Möglichkeit, dass man sich in der Pension eine Tasse Kaffe oder Tee zu jeder Zeit selbst zubereiten kann. Das wird sehr geschätzt. Ich bin hier mit 300 Pilgern, das ist auf die Initiative von Frau Heather Parsons zurückzuführen, die schon drei Bücher über Medjugorje geschrieben hat. Das ist eine große Gruppe, aber wir haben keine Klagen vernommen, außer, was das Schnarchen betrifft. Ich habe viele, positive Kommentare gehört. Ich sehe hier keine Anzeichen der Täuschung und ich bin voller Hoffnung, dass solche auch nie zum Vorschein kommen werden. Es herrscht noch immer jene gleiche Atmosphäre, die am Glauben der Pilger sichtbar wird. Mir gefallen die neuen Einrichtungen, die den Pilgern geboten werden, - die im Geiste des Friedens errichtet wurden und sehr praktische Wirkung zeigen. Die Kirche ist wahrlich viel zu klein, um alle Gläubigen aufzunehmen. Es wäre nicht gut, alles beim Alten zu lassen, denn es ist nicht mehr zeitgemäß. Das Stehen im Gedränge ist nicht gut für die Gesundheit und die Sicherheit im Sinne moderner Richtlinien. Ich glaube, dass die hiesigen Behörden schon einen überdachten, größeren Gebetsraum planen. Es wäre dafür schon höchste Zeit.
Diese Frage habe ich mir selbst und auch schon anderen gestellt: Gibt es überhaupt eine spezifische Spiritualität von Medjugorje? Ich glaube, nein. Ich glaube, dass das eine Einladung zur Vertiefung der Geistigkeit ist, die wir sowieso schon haben. Ein neues Verständnis dessen, was wir als Kinder schon gelernt haben, in der Schule und zu Hause. Das ist eine Erweckung von all dem Gelernten, das ist die Erneuerung des unkomplizierten Glaubens, eines Glaubens ohne Komplexe. Was die Marienerscheinungen betrifft, so sollte man zuerst meinen, - wenn sie die Muttergottes ist - müssten ihre Botschaften doch mehr theologische Substanz haben. Sie sind aber erstaunlich einfach. Und ich sage mir: Ich habe das theologiestudium der Theologie beendet, vielleicht ist jetzt für mich die Zeit gekommen, dass ich mich auf den einfachen Glauben besinne, den wir alle haben und in dem wir aufgewachsen sind. Es ist an der Zeit, dass ich betrachte, was die Gospa sagt und dass ich ihre Botschaften immer wieder lese, immer von neuem und dass ich zwischen den Zeilen und zwischen den Worten lese.
Sie muss Worte benutzen, die alle Menschen in verschiedenen Altersstufen verstehen, alle Rassen und alle Nationen. Da stehe ich nun mit meiner theologischen Ausbildung und meiner klerikalen Überlegenheit in allen Glaubensfragen, die mir mehr Hindernis als Hilfe, glauben Sie mir, zum Verständnis der Botschaften der Gospa sind. Der Mensch braucht viel Demut, um alle Dinge von neuem zu überdenken. Den Geist, der von Medjugorje ausgeht, kann jeder verstehen und annehmen. Wir werden, von wo auch immer wir gekommen sind, mit neuer Kraft, mit neuem Geist heimkehren und uns jener Wahrheit wieder bewusst werden, die schon seit 2000 Jahren besteht. Darüber hinaus führt uns Maria zu ihrem Sohn. Einige Dinge, die sie uns sagt, sind eine wahre Herausforderung. Einige wiederum sind nicht leicht zu erfüllen: Zu fasten bei Wasser und Brot und das zweimal in der Woche, jeden Tag drei Rosenkränze zu beten usw...Ich muss meine Zeit anders einteilen, mein tägliches Programm überarbeiten, um zu sehen, ob ich den Mut für das alles habe? Bin ich bereit, mir die Zeit für so etwas zu nehmen?
Ich glaube, dass Medjugorje in dieser Zeit für die Geschicke Europas und für die ganze Welt sehr wichtig ist. Das ist eine Einladung zur Umkehr zu einem einfachen Glauben, der weder Vereinfachung ist, noch eine Naivität, noch an der Realität des Lebens vorbeiführt. Das ist eine tägliches Bekenntnis, dass Gott existiert, dass wir einen Erlöser haben, der uns erlöst hat, dass seine Mutter ständig auf den Sohn zeigt und uns aufrutf, auf ihn zu hören und dass der Heilige Geist mit uns ist, uns umgibt und uns mit seiner göttlichen Liebe stärkt.
In vielen Botschaften sagt Maria: „Lernt die Zeichen der Zeit zu verstehen.“ Was bedeutet das? Es könnte sich um eine globale Unsicherheit handeln, um eine globale Angst, um ein globales Unverständnis gegenüber der Armut, um den Leichtsinn in einigen Gesellschaften in verschiedenen Teilen der Welt, einschließlich, leider, auch meiner Heimat. Zeichen der Zeit, das ist eine Redewendung voll drohender Gefahren…. Ich glaube, Medjugorje weist uns darauf hin, dass wir über diese Dinge nachdenken müssen. Wir wollen aber keine Pessimisten sein. Vielmehr sollen wir Möglichkeiten suchen, wie wir Frieden bringen, von dem Maria so oft spricht, Frieden in allen Bereichen des Lebens, im privaten und öffentlichen Bereichen, in Übereinstimmung mit unseren individuellen Bestrebungen.
Die Seher sprechen nicht nach medialen Richtlinien. Sie halten sich nicht an das Gebot: „Sei immer aktuell, sei immer anders, sei immer farbfreudig“. Nach den Grundsätzen der heutigen Medien muss alles würzig sein oder Alternativen offen lassen. Die Seher erinnern mich an Mutter Teresa aus Kalkutta, die ebenso immer dasselbe sagte. Medjugorje können wir nicht nach heutigem Standard der Medien beurteilen. Wir müssen mit eigenem Kopf denken und nicht erlauben, dass der Trend oder die Mode öffentlicher Meinung unsere Triebfeder werden. Wir müssen uns tapfer dem ständigen Druck widersetzen, den man auf die Jugend ausübt, damit sie die Meinung anderer befolgen und bestätigen, wozu oft ein raffiniertes Marketing verleitet. Medjugorje bietet mir an, mich mit meinem Glauben zu konfrontieren und fordert mich heraus, mit eigenem Kopf zu denken!
Mir gefällt die Art sehr, wie die Seher sprechen. Ich hörte vor einigen Tagen Marija sprechen, sie will auf keinen Fall schockieren, sie zeigt keine Anzeichen von Müdigkeit, wenn sie von ihren Erfahrungen spricht. Sie war genauso begeistert, klar und bereitwillig wie sie es meiner Meinung nach vor 25 Jahren war. In dieser Woche begegnete ich auch Mirjana und dem Ivan. An ihnen ist kein Anflug egoistischer Gefühle zu bemerken, dass sie berühmt wären, was eine natürliche Versuchung wäre, ihnen ist das vollkommen fremd. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sie die Aufmerksamkeit auf sich lenken möchten. Sie bezeugen die ganze Zeit nur das, was Maria spricht und die Botschaften, die sie gibt, sie stellen sich nicht in den Vordergrund. Das ist sehr genau zu beobachten.
Ich wundere mich, warum die Ortskirche immer noch nicht bestätigt hat, was hier in Medjugorje geschieht. Ich bin zwar kein Kirchenrechtler, aber unabhängig von kanonischen Gründen, die man als Vorlage zur Erwägung für eine offizielle Anerkennung anführen muss, glaube ich, ist es skandalös, dass die offizielle Kirche hier in Bosnien und Herzegowinaso hinter den Menschen nachhinkt, die aus der ganzen Welt schon seit Jahren nicht Zeit und nicht Geld scheuen, solche Energien aufwenden, hierher kommen, um auf dem Berg der Erscheinungen und auf dem Kreuzberg zu beten….. Das alles könnte doch nicht so lange Zeit bestehen, wenn es nur ein Betrug wäre. Ich denke da an Gamaliel, der in der Apostelgeschichte zu Wort kommt und sagt: „Wenn dieses Werk von Menschen stammt, wird es von zerstört werden; stammt es aber von Gott, so könnt ihr es nicht vernichten, sonst werdet ihr noch als Kämpfer gegen Gott dastehen.“ (Apg. 5,34 ff) . Ich glaube, dass die offizielle Kirche ihre Glaubwürdigkeit verliert, wenn sie das, was in Medjugorje geschieht, nicht fördert. Mir ist, als hätten die Katholiken der ganzen Welt ihren Segen, ihre Bestätigung und ihre Anerkennung schon gegeben. Normalerweise sind die Menschen ja nicht dumm, ganz sicher nicht 25 Millionen Menschen in diesen 25 Jahren! Welch tiefer Glaube, welche ehrliche Bekehrungen und Gebete! Wer würde sich Pilgern anschließen, die unter großen Strapazen den Kreuzberg erklimmen, manche sogar barfuss und den Kreuzweg beten. Sie könnten es nicht, wenn da nicht ein klarer Beweis der Anwesenheit Gottes wäre, in einzigartiger und mächtiger Art, dass Medjugorje wahrlich ein Ort ist, den Gott selbst erwählt hat, dass hier seine Mutter erscheint.